Im Straßenverkehr sind Kinder besonderen Gefahren ausgesetzt: Im Jahr 2019 sind in Deutschland 13.409 Kinder unter 10 Jahren bei Verkehrsunfällen verunglückt. Dabei erlitten 11.408 der Kinder leichte Verletzungen, 1.969 wurden schwer verletzt und 32 getötet. „Nach den Sommerferien und der langen Corona-Pause sollten alle Verkehrsteilnehmer sensibilisiert sein, dass vor allem morgens wieder viele Kinder unterwegs sind“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Eltern von Erstklässlern sind jetzt gefragt, ihre Kinder auf den Schulweg vorzubereiten.“ Der TÜV-Verband gibt praktische Hinweise, was dabei zu beachten ist.
Den sichersten Schulweg finden
„Als wichtige Faustregel gilt: Der kürzeste Schulweg ist nicht unbedingt der sicherste“, betonte Bühler. Eltern sollten gemeinsam mit ihren Kindern Gefahrenquellen wie mehrspurige Straßen, unübersichtliche Überquerungen oder Ein- und Ausfahrten zu Grundstücken identifizieren und dann den sichersten Schulweg festlegen. Orientierung bieten sogenannte Schulwegpläne. Diese geben Streckenempfehlungen und informieren über mögliche Gefahrenpunkte. Lehrkräfte, Eltern und Behörden erstellen sie gemeinsam auf Basis ihrer Erfahrungen. Gefährliche Punkte wie Baustellen oder stark befahrene Straßen sollten möglichst vermieden werden. Ampeln, Zebrastreifen und Mittelinseln eignen sich dagegen gut zum Überqueren von Straßen.
Übung macht den Meister
Eltern sollten die Route mit ihrem Kind einstudieren, und zwar am besten morgens an Werktagen unter realen Bedingungen und nicht am Wochenende. Kritische Stellen können Eltern mit ihrem Nachwuchs aus verschiedenen Perspektiven durchspielen. Auf diese Weise übernehmen Kinder den Blickwinkel anderer Verkehrsteilnehmer:innen und lernen, wo sie übersehen werden können. Schließlich können Kinder erst ab einem Alter von ungefähr acht Jahren vorausschauend Gefahren einschätzen. Vorher erkennen sie diese erst, wenn sie bereits eingetreten sind.
Wann können Kinder alleine zur Schule gehen?
Das hängt von den Gegebenheiten vor Ort, der Entfernung zur Schule und nicht zuletzt von der Entwicklung des Kindes ab. Kennt es grundlegende Verkehrsregeln? Kann es mit den Gefahrenstellen auf der Strecke richtig umgehen? Ist es eher verträumt oder lässt es sich leicht ablenken? Eine sinnvolle Entlastung für Eltern sind Schulweggemeinschaften: Kinder aus der Nachbarschaft gehen anfangs noch begleitet von einem Erwachsenen in der Gruppe zur Schule, später dann alleine. Wichtig ist, dass die Kinder auch das richtige Verhalten in der Gruppe lernen. Sie sollten sich nicht ablenken oder dazu verleiten lassen, plötzlich über die Straße zu rennen.
Eltern und Kindern ausreichend Zeit geben
Besonders wichtig ist es, dass Eltern ihren Kindern morgens genügend Zeit geben. „Kinder sollten morgens rechtzeitig zur Schule aufbrechen“, sagt Bühler. „Zeitstress kann dazu führen, dass sie unsichere Abkürzungen wählen, rennen oder anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber unaufmerksam sind.“
Welches Verkehrsmittel ist das richtige?
Erstklässler*innen sollten möglichst zu Fuß zur Schule gehen. Die Kinder sind vor dem Unterricht an der frischen Luft und trainieren auf dem Schulweg ihre kognitiven Fähigkeiten wie das Einschätzen von Entfernungen oder das Richtungshören. Dabei lernen sie, Gefahren im Straßenverkehr selbst zu erkennen.
Ist der Schulweg zu lang, empfehlen sich öffentliche Verkehrsmittel. Auch hier sollte man das Schulkind nicht von Beginn an alleine auf den Weg zu schicken. Das richtige Verhalten an der Haltestelle, das Vorzeigen des Tickets, das Festhalten im Bus oder in der Bahn und nicht zuletzt das rechtzeitige Aussteigen wollen gelernt sein. Wichtig ist vor allem, dass die Kinder an der Haltestelle nicht toben und nicht vor oder hinter dem Bus die Straße überqueren. Dann besteht die Gefahr, dass sie übersehen werden.
Schulanfänger:innen sollten nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren. „Kinder in den ersten Schuljahren sind überfordert, wenn sie mit dem Ranzen auf dem Rücken das Fahrrad beherrschen und den Verkehr im Blick behalten müssen“, warnte Bühler. Das gelte auch, wenn die Kinder überwiegend auf Gehwegen unterwegs sind. Erst in der vierten Klasse steht die Verkehrserziehung auf dem Lehrplan und die Kinder machen zum Abschluss eine Fahrradprüfung.
Elterntaxis vermeiden
Eltern sollten ihre Kinder nur in Ausnahmefällen mit dem Auto zur Schule bringen. „Der morgendliche Stau, das Rangieren und wilde Parken vor den Schulen erhöht die Gefahr von Unfällen“, sagte Bühler. Eltern sollten ihre Kinder daher möglichst nicht direkt vor der Schule absetzen, um die Verkehrsbelastung vor dem Eingangstor zu mindern. Eine Alternative sind „Elternhaltestellen“ in der näheren Umgebung, die von den Schulen in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden eingerichtet werden können.
Sichtbarkeit bringt Sicherheit!
Gerade kleinere Kinder können leicht von anderen Verkehrsteilnehmer:innen übersehen werden. Gute Sichtbarkeit ist daher ein absolutes Muss im Straßenverkehr. Beim Kauf des Schulranzens sollten Eltern auf ein TÜV-Prüfzeichen achten. Der Ranzen erfüllt dann die DIN-Norm 58124, die ausreichend große Flächen für reflektierendes Material vorsieht. Besonders in den Wintermonaten sollten Kinder zusätzlich helle oder reflektierende Kleidungsstücke tragen.
Achtung Autofahrer: Runter vom Gas!
Autofahrer:innen sollten zu Schulbeginn besonders achtsam sein und die Geschwindigkeit vor allem in der Nähe von Schulen reduzieren. „Die Behörden sind aufgefordert, die Einhaltung der Verkehrsregeln rund um Schulen zu überwachen“, betonte Bühler. Kontrollen seien gerade nach den Sommerferien sinnvoll, wenn das Verkehrsaufkommen wieder steigt. Zudem müssten die von den Schüler:innen am häufigsten genutzten Wege regelmäßig auf ihre Sicherheit überprüft werden. Mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, zusätzlichen Ampeln, Zebrastreifen und Mittelinseln sowie dem Ausbau von Radwegen können Schulwege sicherer gemacht werden.