Das Reisen mit dem Wohnmobil ist in den vergangenen Jahren immer populärer geworden. So ist seit dem Jahr 2010 ist der Bestand an Wohnmobilen in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt um 61 Prozent auf aktuell rund 533.000 gestiegen. „Reisen mit dem Wohnmobil boomt. Dabei werden die Ansprüche der Urlauber immer individueller und die technischen Möglichkeiten immer besser“, sagt Frank Schneider, Mobilitätsexperte beim TÜV-Verband (VdTÜV), anlässlich der Camping-Messe „Caravan Salon“ in Düsseldorf. „Eine zentrale Rolle spielt die Sicherheit, da die Fahrzeuge mit vielen beweglichen Teilen, Kochmöglichkeiten und Elektronik ausgestattet sind.“ Bereits beim Umbau von einem normalen Transporter zu einem Wohnmobil müssen Werkstätten und Hobby-Schrauber deshalb zahlreiche Regeln beachten. Der TÜV-Verband hat jetzt ein aktuelles „VdTÜV-Merkblatt 740“ veröffentlicht, in dem die wichtigsten technischen Voraussetzungen enthalten sind.
Wohnmobile sind in Europa in der Regel Um- oder Aufbauten von Basisfahrzeugen wie beispielsweise Fiat Ducato, VW Transporter, Ford Transit oder Mercedes Sprinter. „Durch den Umbau eines Fahrzeugs zum Wohnmobil erlischt dessen Allgemeine Betriebserlaubnis“, sagt Schneider. Erst, wenn ein amtlich anerkannter Sachverständiger oder Prüfingenieur, beispielsweise in einer TÜV-Niederlassung, das Fahrzeug begutachtet hat, kann die Kfz-Zulassungsstelle auf dieser Basis eine neue Betriebserlaubnis erteilen. Mit der Zulassung als „Sonstiges Kraftfahrzeug Wohnmobil“ können die Fahrzeughalter dann meist Kfz-Steuern sparen oder einen günstigeren Versicherungstarif erhalten.
Fahrzeuge mit so genannter Wechselnutzung behalten ihre ursprüngliche Fahrzeugkategorie dagegen bei. „Temporär genutzte Einbauten, die man ohne Werkzeug aus dem Basisfahrzeug entfernen kann, machen aus einem normalen Fahrzeug noch kein Wohnmobil“, erläutert Schneider. „Es ist auf jeden Fall sinnvoll, die Umbaupläne im Vorfeld mit einem TÜV-Sachverständigen zu besprechen. Das kann unnötigen Ärger bei der Begutachtung ersparen und führt schneller zur angestrebten Zulassung.“
Das sagt die StVZO
Wohnmobile fallen gemäß der EG-Richtlinie 2007/46 unter die Kategorie „Fahrzeuge der Klasse M mit besonderer Zweckbestimmung“, in Deutschland gelten sie als „Sonstiges Kraftfahrzeug“. Ihre Mindestausstattung umfasst laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) einen Tisch, Sitzgelegenheiten, Schlafgelegenheiten, eine Kochmöglichkeit sowie Einrichtungen zur Unterbringung des Gepäcks und anderer loser Gegenstände während der Fahrt. Mit Ausnahme des Tisches sollen diese Gegenstände im Wohnbereich des Fahrzeugs fest verbaut sein.
Der Wohnbereich
Bei Verkehrsunfällen darf von den Bauteilen eines Wohnmobils für die Insassen keine Gefahr ausgehen. Deswegen ist auf die Abrundung oder Gummierung scharfkantiger Ecken zu achten. Eine möglichst formschlüssige Verriegelung von Türen und Schränken verhindert, dass sie während der Fahrt oder bei einem Unfall aufgehen und Sachen herausfallen. Wichtig ist auch ein rutschfester Bodenbelag. Grundsätzlich dürfen beim Bau eines Wohnmobils nur schwer entflammbare Werkstoffe verwendet werden.
Schneider: „Wer vorhat, die tragende Struktur des Fahrzeugs zu verändern, sollte sich dabei an die Vorgaben des Herstellers halten. Auch ein sogenannter Festigkeitsnachweis kann notwendig werden.“ Bei diesem wird geprüft, ob die Fahrzeugkonstruktion weiterhin belastbar ist. Das zulässige Gesamtgewicht und die zulässigen Achslasten des Fahrzeugs erfährt man ebenfalls in den Herstellerinformationen.
Kochen auf Rädern
Ein vollwertiges Wohnmobil bietet eine Kochgelegenheit. „Zum Inventar eines Caravans gehört ein fest verbauter Kocher, der klappbar oder ausziehbar sein darf. Er muss für die die Verwendung in geschlossenen Räumen geeignet sein, außer wenn der Kocher zwar fest mit dem Fahrzeug verbunden ist, für den Gebrauch aber aus dem Innenraum herausgezogen werden muss“, sagt Schneider. Der Kocher darf nicht ausschließlich durch die Elektroleitung oder den Gasschlauch mit dem Fahrzeug verbunden sein. Durch einen Hitzeschutz der umliegenden Fahrzeugteile muss feuersicheres Kochen garantiert sein. Gaskartuschenkocher benötigen zudem eine Zündsicherung und ihre Kartusche muss in montiertem Zustand ausbaubar sein.
Die Sitzmöglichkeiten
Befinden sich im Wohnbereich des Fahrzeugs Sitzplätze, die während der Fahrt benutzt werden dürfen, muss permanent eine direkte Kommunikationsmöglichkeit zwischen Fahrer und Passagieren sichergestellt sein. „Auch eine Gegensprechanlage zählt als solch eine Kommunikationsmöglichkeit. Allerdings muss sie es erlauben, gleichzeitig zu hören und zu sprechen und eine Kontrollfunktion für die Funktionstüchtigkeit aufweisen“, sagt Schneider.
Fluchtwege
Im Notfall muss das sichere Verlassen des Fahrzeugs gewährleistet sein. Für jeden Sitz müssen daher zwei voneinander unabhängige Fluchtwege eingeplant werden, die auf unterschiedlichen Seiten des Fahrzeugs liegen. Notausgänge (Türen) und Notausstiege (Fenster, Luken und Klappen) zählen gleichermaßen als Fluchtwege und müssen als solche gekennzeichnet werden. Die Türen müssen nach außen aufgehen, von beiden Seiten zu öffnen sein und eine Mindestbreite von 0,5 und eine Mindesthöhe von einem Meter haben. Die Notausstiege müssen von innen zu öffnen sein.
Das VdTÜV-Merkblatt 740
Weitere Angaben beispielsweise zu Elektroinstallationen oder speziellen Aufbauten sind im VdTÜV-Merkblatt 740 „Anforderungen an Sonstiges Kraftfahrzeug – Wohnmobil“ enthalten. Es fasst die nationalen und internationalen Anforderungen an Wohnmobile zusammen und spiegelt den aktuellen Stand der Technik wider. Sachverständigen von Technischen Prüfstellen und Technischen Diensten dient es als Arbeitsgrundlage bei der Begutachtung von Fahrzeugen, kann aber auch als Ausgangspunkt für den Ausbau von Wohnmobilen genutzt werden. Das Merkblatt erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist im Onlineshop des TÜV-Verbandes zum Preis von 34,50 Euro als PDF oder 36,85 Euro in Papierform erhältlich.