Corona: Wie Arbeitgeber Beschäftigte und Kund:innen richtig schützen

Der TÜV-Arbeitsschutzexperte erklärt, worauf es beim Schutz von Beschäftigten und Kund:innen während der Corona-Pandemie ankommt.

Maurice Shahd

In diesen Wochen werden die Beschränkungen in der Corona-Krise weiter gelockert. „Für Unternehmen, Behörden und andere Organisationen bedeutet das, den Weg in eine neue Normalität zu finden“, sagt André Siegl, Experte für Arbeits- und Gesundheitsschutz beim TÜV-Verband. „Arbeitgeber müssen die Rückkehr ihrer Beschäftigten aus dem Homeoffice organisieren, Regeln für die künftige Zusammenarbeit festlegen oder öffentlich zugängliche Räumlichkeiten und Verkehrsflächen umgestalten, um das Infektionsrisiko ihrer Mitarbeiter und Kunden auf ein Minimum reduzieren.“ Dabei seien zahlreiche Sicherheitsvorgaben bezüglich Hygiene und Abstand zu beachten.

Bereits seit Mitte April 2020 gibt es den bundesweit gültigen „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ des Bundesarbeitsministeriums. Daneben existieren länderspezifische Regelungen sowie Empfehlungen von Branchenverbänden. Ziel der Vorgaben ist es, Infektionsketten zu unterbrechen und damit die Gesundheit der Beschäftigten und Kunden zu schützen. „Je nach Branche und angebotener Dienstleistung müssen Unternehmen individuelle Hygienekonzepte erstellen und diese in der Praxis umsetzen“, sagt Siegl. Insbesondere Einzelhändler, Gastronomiebetriebe und andere Dienstleister wie Kosmetikstudios oder Friseursalons mit Publikumsverkehr müssen strenge Vorgaben einhalten, sonst drohen zum Teil hohe Bußgelder. „Unternehmen sollten sich bei Bedarf von qualifizierten Hygiene- und Arbeitsschutzexperten sowie Betriebsärzten beraten lassen“, sagt Siegl. Der TÜV-Verband gibt Empfehlungen, wie Unternehmen eine sichere Rückkehr in eine neue Normalität nach dem Lockdown gestalten können.

Konzept für Infektionsschutz erstellen

„Alle Unternehmen, die ihren Betrieb wieder aufnehmen wollen, benötigen ein Hygiene- und Infektionsschutzkonzept“, sagt Siegl. „Das Konzept enthält unter Umständen technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen sowie alle verbindlichen Arbeitsanweisungen zum Infektionsschutz und zur Einhaltung der Hygiene.“ Die Erstellung des Konzepts erfolgt in der Regel durch ein Krisen-Team, in dem neben der Geschäftsleitung, interne und externe Experten für Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitnehmervertreter:innen mitwirken. Die notwendigen Maßnahmen orientieren sich an der Größe des Unternehmens, der Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz sowie den jeweiligen Arbeitsabläufen. Hygienepläne enthalten beispielsweise die entsprechenden Maßnahmen, Anleitungen zur Durchführung, notwendige Instrumente und Werkzeuge sowie Zeitpunkt und Frequenz der Durchführung. Mögliche Infektionen sollen mittels datenschutzgerechter Dokumentation von Kontakten zurückverfolgt werden können. „Ein Konzept zu Hygiene und Infektionsprävention ist umso wirkungsvoller, desto konsequenter die Maßnahmen befolgt werden. Das passiert aber nicht von allein“, betont Siegl. Die Beschäftigten sollten daher bei der Erstellung einbezogen, zur Durchführung geschult und zu tagesaktuellen Entwicklungen informiert werden. Nicht zuletzt sollte eine Art Notfallplan erstellt werden für den Fall, dass ein Mitarbeiter an Corona erkrankt ist.

Abstandsregeln einhalten

  • Zentrale Vorgabe der Behörden ist es, den physischen Kontakt unter den Mitarbeiter:innen sowie zu Kund:innen oder Geschäftspartner:innen auf das Notwendigste zu verringern. Nach wie vor gilt die Empfehlung des Bundesarbeitsministeriums, Büroarbeiten „nach Möglichkeit im Homeoffice auszuführen“. 
  • Bei der Arbeit im Büro oder anderen Bereichen gilt ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Mehrfachbelegungen von Räumen sollten vermieden werden, wenn nicht ausreichend Platz vorhanden ist. Ist dies nicht möglich, hilft ein Raumbelegungsbelegungsplan oder Arbeit im Schichtbetrieb.
  • Gefährdete Arbeitnehmer:innen sollten weiterhin von zu Hause aus arbeiten. Dazu zählen ältere und geschwächte Menschen und Personen mit chronischen oder akuten Erkrankungen. Beschäftigte mit engen Kontakten zu Familienangehörigen aus einer Risikogruppe sollten ebenfalls das Homeoffice bevorzugen.
  • Besprechungen sollten weiterhin möglichst telefonisch bzw. per Videokonferenz durchgeführt werden.
  • Meeting-Räume und gemeinschaftlich genutzte Flächen wie zum Beispiel Kantinen oder Aufenthaltsräume müssen so gestaltet werden, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können.
  • Geschäftsreisen sollten Arbeitnehmer:innen nach Möglichkeit auf ein Minimum reduzieren.

Hygienemaßnahmen umsetzen

  • Arbeitgeber sollten eine regelmäßige und gründliche Reinigung der Arbeitsplätze mittels Reinigungsmanagement gewährleisten sowie Geräte und Gebrauchsgegenstände wie Telefonhörer, Tastaturen, Kopierer oder auch Türklinken regelmäßig mit Flächendesinfektionsmitteln behandeln.
  • Desinfektionsmittel für Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Besucher:innen zur Verfügung stellen.  
  • Arbeitgeber müssen gegebenenfalls das Anlegen von Mund-Nasen-Bedeckungen bis hin zu Atemschutzmasken, Schutzbrillen oder Gesichtsschildern für bestimmte Bereiche oder Tätigkeiten anordnen.
  • Ausreichend Schutzmaterial vorhalten, (z.B. Mund-Nasen-Bedeckung, Einmalhandschuhe, Handdesinfektionsmittel etc.)
  • Räume sollten regelmäßig belüftet werden.
  • Auf Einhaltung der Hust- und Niesettikette hinweisen.

Publikumsverkehr organisieren

  • Ein Mindestabstand von 1,5 Meter ist zu wahren, zum Beispiel durch Bodenmarkierungen vor Empfangs- und Info-Schaltern, in Wartebereichen usw.
  • Bei kleinen Verkaufs- oder Serviceflächen kann die Einhaltung der Abstandsregeln durch Einzeleinlass gewährleistet werden. Dafür sollten entsprechende Hinweise angebracht werden.
  • Wo möglich, sollten die Bewegungsbereiche von Mitarbeiter:innen und Besucher:innen getrennt werden, zum Beispiel durch Markierungen oder bauliche Maßnahmen.
  • Generell sollte geprüft werden, ob Geschäftsvorgänge auch online abgewickelt werden können.

Was ist bei einem Verdacht auf COVID-19 zu beachten?

  • Beschäftigte mit Verdacht auf eine Corona-Infektion sollten auf keinen Fall zur Arbeit gehen oder ihren Arbeitsplatz sofort verlassen. Anschließend sollten sie mit ihrem Hausarzt oder der örtlichen Corona-Hotline sprechen und anhand der geschilderten Symptome über das weitere Vorgehen entscheiden.
  • Haben Mitarbeiter:innen zu Hause einen Verdacht auf eine Corona-Infektion, müssen sie sich telefonisch beim Arbeitgeber melden und den Verdachtsfall melden.
  • Kontaktpersonen sollten unter anderem durch eine datenschutzgerechte Dokumentation zurückverfolgt werden können.

Die TÜV-Organisationen beraten Unternehmen und Betriebe sowie andere Arbeitgeber in allen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Für deren Einhaltung stellen ihre Expert:innen entsprechende Pläne und Umsetzungskonzepte im Rahmen von Hygieneaudits  für die Einhaltung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards aus. Hierzu existieren arbeitsplatzspezifische Angebote, um Unternehmen sofort bei ihren „Corona-Schutzmaßnahmen“ zu unterstützen. Zudem gewährleisten Arbeitsmediziner:innen und andere Expert:innen auch eine langfristige Betreuung der Unternehmen im Rahmen eines umfassenden betrieblichen Gesundheitsmanagements.