Als bedenklich bezeichnen die Prüfexperten allerdings die hohen Mängelquoten bei Aufzugsanlagen und die große Zahl an Aufzügen, die der Prüfpflicht nach wie vor entzogen werden. Der Anlagensicherheitsreport umfasst die Ergebnisse der regelmäßigen und unabhängigen Prüfungen durch die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) an Aufzügen, Druckanlagen und Anlagen, von denen eine Explosionsgefahr ausgeht (Ex-elh-Anlagen).
Die Gesamtzahl der Aufzüge in Deutschland kann nur geschätzt werden, weil seit der Neuordnung der gesetzlichen Grundlagen im Jahr 2001 neue Aufzugsanlagen nicht mehr erfasst werden. Experten gehen heute von etwa 660.000 überwachungsbedürftigen Aufzügen in Deutschland aus, von denen im Jahr 2014 nur rund 508.000 Anlagen von den Betreibern zur Prüfung angemeldet wurden. „Daraus ergibt sich eine Zahl von 150.000 Aufzügen, die nicht geprüft wurden und über deren Zustand nichts bekannt ist“, erläutert Dr. Klaus Brüggemann, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VdTÜV.
Die Prüfungen im Jahr 2014 zeigten, dass nicht einmal die Hälfte (46,66 Prozent) der Aufzugsanlagen mängelfrei waren. 38,85 Prozent wiesen geringfügige Mängel auf, an 13,82 Prozent der Aufzüge stellten die ZÜS-Prüfer sicherheitserhebliche Mängel fest, die einer Nachprüfung unterzogen werden mussten. Der Anteil der Aufzüge mit gefährlichen Mängeln liegt bei 0,66 Prozent. In absoluten Zahlen ausgedrückt: Gut 3300 – der geprüften – Aufzugsanlagen mussten 2014 sofort stillgelegt werden, weil sie eine akute Gefahr für die Benutzer darstellten.
Hier zeigt sich besonders die Wirksamkeit des Systems der technischen Überwachung in Deutschland. „Unabhängige Prüfungen und kurze Prüfintervalle sorgen dafür, dass von einer ZÜS gefährliche Mängel frühzeitig erkannt und dann vom Betreiber beseitigt werden können“, erklärt Dr. Brüggemann, „die glücklicherweise sehr niedrigen Unfallzahlen belegen, dass die Bevölkerung dadurch wirkungsvoll geschützt ist.“
Bei den nicht geprüften Aufzügen muss von einem höheren Anteil gefährlicher Anlagen ausgegangen werden. Allerdings erwarten die Experten hier eine Verbesserung durch die Neufassung der Betriebssicherheitsverordnung, die am 1. Juni 2015 in Kraft tritt. Sie sieht künftig das verbindliche Anbringen einer Prüfplakette für Aufzüge vor, ähnlich wie bei der Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen. Zudem ist künftig wieder eine Prüfung bei Inbetriebnahme des Aufzugs vorgeschrieben, was die Transparenz über Anzahl und Standorte der Anlagen erhöhen wird und betriebliche Mängel frühzeitig aufdecken wird.
Die Ergebnisse der Prüfungen von Druckanlagen und von Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen sprechen für das hohe Sicherheitsniveau deutscher Industriestandorte. So waren 79,14 Prozent aller geprüften Druckanlagen und 77,05 aller Dampfkesselanlagen mängelfrei, die Quote der erheblichen Mängel lag bei beiden Anlagentypen bei rund 4 Prozent. Auch Anlagen, bei denen der Explosionsschutz im Vordergrund steht (z. B. Treibstofflager) weisen ein sehr hohes Sicherheitsniveau auf. Insgesamt 80,92 Prozent der Lageranlagen, 73,36 Prozent der Füll- und Entleerstellen sowie 53,78 Prozent der Tankstellen waren komplett mängelfrei. Dennoch treten auch bei diesen Anlagen Mängel auf, die durch die regelmäßigen Prüfintervalle frühzeitig erkannt werden – noch bevor sie eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil Mängel bei diesen Anlagen zu immensen Schäden führen können.
„Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Ergebnisse des Gesetzgebungsverfahrens bei der Novellierung der Betriebssicherheitsverordnung“, erklärt Dr. Brüggemann. Insbesondere eine Mehrheit der Bundesländer hatte im Novellierungsverfahren für die Unabhängigkeit technischer Prüfungen gestimmt. „Das bewährte System der technischen Überwachung in Deutschland ist dadurch gestärkt worden.“
Der Anlagensicherheitsreport 2015 erscheint in der VdTÜV-Zeitschrift „Technische Überwachung“. Mitgewirkt haben folgende Zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS): DEKRA Industrial GmbH, DEKRA EXAM GmbH, GTÜ Anlagensicherheit GmbH, Lloyd´s Register Quality Assurance GmbH, SGS-TÜV GmbH, TÜV Austria Service GmbH, TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG, TÜV Rheinland Industrie Service GmbH, TÜV SÜD Chemie Service GmbH, TÜV SÜD Industrie Service GmbH, TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH und TÜV Thüringen e. V.