Berlin, 27. Juni 2024 – Fahrassistenzsysteme wie Spurhalteassistenten, Notbremssysteme, Müdigkeitswarner oder Einparkhilfen gehören zunehmend zur Standardausstattung moderner Pkw. Ab dem 7. Juli 2024 müssen diese und weitere Assistenzsysteme in allen neu zugelassenen Pkw verpflichtend eingebaut sein. Praktische Erfahrungen mit den Fahrassistenten hat bisher fast jede:r zweite Bundesbürger:in gesammelt (46 Prozent). Eine knappe Mehrheit von 53 Prozent hat dagegen noch keine Fahrassistenzsysteme genutzt. Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren ergeben.
„Digitale Assistenzsysteme erhöhen den Komfort für die Fahrer und tragen dazu bei, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden zu verbessern“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. „Assistenzsysteme sorgen bei Fahrerinnen und Fahrern aber auch für Verunsicherung.“ Laut Umfrage hat zwar gut jede:r zweite Befragte eher großes oder sehr großes Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser Systeme (51 Prozent). Auf der anderen Seite haben aber immerhin 43 Prozent nur geringes oder gar kein Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Assistenzsystemen in allen Verkehrssituationen. Weitere 6 Prozent sind unentschlossen. Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) fühlt sich durch eigenständige Reaktionen der Systeme irritiert. Etwa ebenso viele (49 Prozent) brauchen lange, um sich mit allen Funktionen vertraut zu machen und 39 Prozent empfinden die Bedienung als zu kompliziert. Goebelt: „Die Akzeptanz von Assistenzsystemen hängt stark davon ab, ob sie zuverlässig funktionieren und wie einfach sie zu bedienen sind.“
Laut den Ergebnissen der Umfrage überwiegen für die Befragten aber die positiven Effekte. Fast drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass Einparkhilfen, Spurhaltesysteme und andere Assistenten das Fahren erleichtern (72 Prozent). Fast zwei Drittel sind der Meinung, dass die Systeme die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmenden verbessern (65 Prozent). Und 56 Prozent fühlen sich durch Fahrassistenzsysteme auch persönlich sicherer. Bei der Frage nach den wichtigsten Sicherheitsaspekten von automatisierten Fahrfunktionen steht die einwandfreie Funktionsfähigkeit an erster Stelle. Es folgt die Anforderung, dass die Systeme die Fahrer:innen nicht ablenken dürfen. Auf dem dritten Platz liegt die Notwendigkeit, dass Fahrassistenzsysteme vor Hackerangriffen geschützt sind. Und an vierter Stelle der wichtigsten Sicherheitsaspekte steht die Anforderung, dass Assistenzsysteme barrierefrei und selbsterklärend sein sollten.
Klare Mehrheit für unabhängige Prüfung von Assistenzsystemen
Um die Sicherheit automatisierter Fahrfunktionen zu gewährleisten, halten es 88 Prozent der Befragten für notwendig, dass Funktion und Wirkung der Systeme von unabhängigen Stellen überprüft werden. In dieser Gruppe sprechen sich zwei Drittel dafür aus, dass Assistenzsysteme im Rahmen der Hauptuntersuchung (HU) überprüft werden (67 Prozent). Gut jede:r zweite ist der Meinung, dass die Systeme nach einer Unfallreparatur überprüft werden sollten (53 Prozent) und 42 Prozent wünschen sich solche Kontrollen nach Umbauten am Fahrzeug. Goebelt: „Eine unabhängige Funktions- und Wirkungsprüfung von Assistenzsystemen bei der HU ist notwendig, um die Sicherheit der Systeme im Alltagsbetrieb dauerhaft zu gewährleisten.“
Fahrassistenzsysteme verbessern bereits seit Jahren die Sicherheit im Straßenverkehr. Das bereits in den 1960er Jahren entwickelte Antiblockiersystem ABS und der Schleuderschutz ESP gehören seit 2014 zur Pflichtausstattung von Autos. Gemäß der EU-Verordnung 2019/2144 werden weitere Assistenzsysteme verpflichtend: bereits seit Juli 2022 für neu entwickelte Fahrzeuge und ab dem 7. Juli 2024 dann für alle Neuwagen. Zu diesen Assistenzsystemen gehören:
- Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA): Dieser Assistent warnt Autofahrer:innen durch akustische oder visuelle Signale, wenn das Tempolimit überschritten wird.
- Unfalldatenschreiber (Blackbox): Der so genannte Event Data Recorder (EDR) zeichnet kontinuierlich Daten wie Geschwindigkeit oder Bremsvorgänge auf, überschreibt diese jedoch regelmäßig. Nur im Falle eines Unfalls speichert das Gerät die Informationen einige Sekunden vor und nach der Kollision, um den Unfallhergang rekonstruieren zu können.
- Notbremsassistent: Dieses System erkennt automatisch Gefahrensituationen und bremst das Fahrzeug selbstständig ab, um Unfälle zu vermeiden oder deren Folgen zu mindern.
- Automatisches Notbremslicht: Dieses Licht am Heck des Fahrzeugs zeigt an, wenn das Fahrzeug plötzlich stark abgebremst werden muss, um das Risiko von Auffahrunfällen zu mindern.
- Notfall-Spurhalteassistent: Ein System, das Fahrer:innen dabei unterstützt, die Spur zu halten.
- Müdigkeitswarner: Dieser digitale Assistent überwacht die Wachsamkeit der Fahrer:innen und fordert im Falle von erkannter Müdigkeit durch akustische oder visuelle Signale zu einer Pause auf.
- Rückfahrassistent: Um Unfälle beim Rückwärtsfahren zu vermeiden, müssen Rückfahrassistenten installiert sein, die Personen oder Gegenstände hinter dem Fahrzeug erkennen.
- Alcolock-Vorbereitung: Neu zugelassene Fahrzeuge müssen mit einer Schnittstelle für alkoholempfindliche Wegfahrsperren (Alcolocks) ausgestattet sein, die einfach nachgerüstet werden können. Das Alcolock selbst ist nicht vorgeschrieben.
Alle vollständigen Umfrageergebnisse sind im Studienbericht der „TÜV Mobility Studie 2024“ abrufbar.
Methodik-Hinweis: Grundlage der Studienergebnisse ist eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren. Die Umfrage wurde zwischen 14.03.2024 und 03.04.2024 durchgeführt. Die Fragen und Antwortoptionen sind im Wortlaut im Studienbericht einsehbar.