Nur bei einem Drittel der Aufzugsanlagen war im Jahr 2011 im Rahmen der technischen Prüfung nichts zu beanstanden. Rund 9,4 Prozent hatten „sicherheitserhebliche Mängel“, 57,12 Prozent wiesen geringfügige Mängel auf und rund 32,87 Prozent waren mängelfrei. Dies sind wichtige Ergebnisse des „Anlagensicherheitsreports 2012“, den die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) in Berlin vorstellten. Die Mängelstatistik umfasst die Bereiche Aufzüge, Dampf- und Druckanlagen sowie Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen (Ex-elh-Anlagen).
Steigende Dunkelziffer bei Mängeln
Experten gehen davon aus, dass die hohe Dunkelziffer an defekten Aufzügen weiterhin ansteigt, da die Zahl der geprüften Anlagen von rund 470.000 (2010) auf rund 450.000 (2011) zurückgegangen ist. Das bedeutet, dass in Deutschland aktuell 250.000 Aufzüge nicht regelmäßig von einer ZÜS geprüft werden, da die Zahl aller Anlagen auf insgesamt 700.000 geschätzt wird. Daher appelliert Dr. Klaus Brüggemann, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VdTÜV, an die Betreiber von Aufzügen, ihre Anlagen regelmäßig zu warten und die Inspektionstermine ernst zu nehmen. “Es ist Besorgnis erregend, dass wir bei jedem dritten Aufzug nicht wissen, in welchem technischen Zustand er sich befindet und nicht klar ist, ob er überhaupt sicher ist“, so Dr. Brüggemann.
Hohe Dunkelziffer auch bei Unfällen
Von 2008 bis 2011 gingen beim VdTÜV und dem Deutschen Ausschuss für Aufzüge (DAfA) über 240 Unfallmeldungen ein, im Jahr 2011 waren es allein 78 Meldungen. Drei Personen erlagen dabei tödlichen Verletzungen, 54 Personen wurden verletzt und in 20 Fällen kam es zu „gefährlichen Zuständen“. „Auch hier gehen wir von einer hohen Dunkelziffer aus, da vielen Betreibern die Unfallmeldepflicht nicht bekannt ist“, erläutert Dieter Roas, Vorsitzender der VdTÜV-Leitstelle Fördertechnik. Die häufigste Unfallursache sind technische Defekte, die zu Ausfällen sicherheitsrelevanter Systeme führen können.
Hohes Sicherheitsniveau bei Druckanlagen durch unabhängige Prüfungen
Druckgeräte, Dampferzeuger, Rohrleitungen oder Dampfkessel sind Bestandteil moderner Produktionsanlagen und Anlagen zur Energieerzeugung. Bei über 278.000 Prüfungen von Druckbehälteranlagen und 30.000 Prüfungen von Dampfkesselanlagen wurden im Jahr 2011 bei 3 Prozent der Anlagen erhebliche Mängel festgestellt, rund 19 Prozent der Druckbehälteranlagen und rund 18 Prozent der Dampfkesselanlagen wiesen geringfügige Mängel auf. Für den überwiegenden Teil der Druckbehälteranlagen (77,07 Prozent) und Dampfkesselanlagen (78,82 Prozent) attestierten die ZÜS-Sachverständigen bei der Prüfung einen mängelfreien Zustand. Der Anteil der Druckanlagen mit gefährlichen Mängeln, z.B. mit kritischen Rissen in Schweißverbindungen, lag bei unter einem Prozent. „In absoluten Zahlen bedeutet das aber, dass an 334 Druckbehälter- und 39 Dampfkesselanlagen derart gravierende Mängel bestanden, dass von einer konkreten Gefahr für Beschäftigte, aber auch für unbeteiligte Personen ausgegangen werden musste“, betont Klaus Beck, Vorsitzender des Erfahrungsaustauschkreises der ZÜS.
Ex-elh-Anlagen: Sicherheitsgewinn an Tankstellen
Tankstellen gehören zu den Anlagen, an denen hochentzündliche Flüssigkeiten gelagert werden und besonders auf Explosionsschutz geachtet werden muss (Ex-elh-Anlagen). Von allen 4.745 geprüften Tankstellen waren im Jahr 2011 über die Hälfte (52,66 Prozent) mängelfrei, 27,47 Prozent wiesen geringfügige Mängel auf, an 19,7 Prozent stellten die Prüfer erhebliche Mängel fest. Dennoch sieht VdTÜV-Präsidiumsmitglied Dr. Klaus Brüggemann dadurch keine Gefahr: „Tankstellen werden lückenlos überprüft und dadurch alle festgestellten Mängel sofort beseitigt.“ Deutlich werde an diesem Beispiel, wie wichtig die regelmäßige und flächendeckende Prüfung gefährlicher technischer Anlagen für die Sicherheit von Kunden, Beschäftigten und Anwohnern sei, so Dr. Brüggemann.
Sicherheit auch bei erneuerbaren Energien
Die Frage, ob eine bestimmte Anlagenart aufgrund ihres Gefährdungspotentials regelmäßig von einer neutralen Organisation geprüft werden muss, hat der Gesetzgeber in einem Katalog der überwachungsbedürftigen Anlagen geregelt. Allerdings ist dieser Katalog seit Jahrzehnten trotz des technischen Fortschritts unverändert geblieben. So müssen Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Energien, wie z.B. Biogas- oder Windkraftanlagen, nicht durch neutrale Sachverständige geprüft werden. Experten gehen bei diesen Anlagen von einem hohen Gefährdungspotential aus. „Studien haben gezeigt, dass im Bereich regenerativer Energien durch die Energiewende ein stark anwachsender Zubau an weiteren und vor allem auch größeren Anlagen zu erwarten ist“, erläutert Dr. Brüggemann, „eine Aufnahme in den Katalog der überwachungsbedürftigen Anlagen ist dringend geboten“.
Hohe Verantwortung für die Betreiber
Der ZÜS Anlagensicherheitsreport zeigt, dass das Prüfsystem der Betriebssicherheitsverordnung Beschäftigte, unbeteiligte Personen und die Umwelt wirkungsvoll schützt. Allerdings tragen dabei die Betreiber einer Anlage große Verantwortung: Sie müssen nicht nur dafür sorgen, dass eine Anlage mängelfrei ist, sondern seit dem Jahr 2008 auch anhand einer Gefährdungsbeurteilung oder sicherheitstechnischen Bewertung den Prüfumfang und Prüfzyklen festlegen. „Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen bedeutet der Bewertungsspielraum oft eine Überforderung“, erläutert Beck.
Der Anlagensicherheitsreport wird in der VdTÜV-Zeitschrift Technische Überwachung veröffentlicht. Mitgewirkt haben folgende Zugelassene Überwachungsstellen: DEKRA Industrial GmbH, DEKRA EXAM GmbH, GTÜ Anlagensicherheit GmbH, Lloyd´s Register Quality Assurance GmbH, SGS-TÜV GmbH, TOS Prüf GmbH, TÜV Austria Service GmbH, TÜV NORD Systems GmbH & Co. KG, TÜV Rheinland Industrie Service GmbH, TÜV SÜD Chemie Service GmbH, TÜV SÜD Industrie Service GmbH, TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH und TÜV Thüringen e. V.