Unabhängige Konformitätsbewertung sichert den Welthandel

Die Erwartungen unterschiedlicher Wirtschaftsteilnehmer an Eigenschaften von Dienstleistungen und Produkten sind häufig sehr verschieden. In Handelsgemeinschaften muss für diese Eigenschaften eine Verständigungsbasis geschaffen werden – häufig in Form von Normen.

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Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts genügte häufig noch ein guter Leumund, um Geschäfte zu tätigen. Der Radius eines Marktplatzes ist heute jedoch nicht mehr ein lokaler, sondern meist ein globaler und häufig noch dazu ein virtueller. Die Wirtschaftsteilnehmer kennen sich oft nicht persönlich. Kulturelle, sprachliche oder klimatische Differenzen erklären unterschiedliche Erwartungen an Eigenschaften von Produkten und Dienstleistungen. Daher ist es notwendig, dass die Wirtschaftsteilnehmer ein gemeinsames Verständnis entwickeln, welche Eigenschaften erfüllt sein müssen. Notwendig sind deshalb gemeinsame Regeln, häufig in Form von Normen, die die Eigenschaften eines Produkts oder einer Dienstleistung beschreiben.

Harmonisierung von Anforderungen und gegenseitige Anerkennung

Innerhalb der Europäischen Union ist der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen durch ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Regeln möglich. Vor mehr als 20 Jahren wurde für zahlreiche Produktkategorien ein neues System der Prüfung und Zertifizierung von Waren aufgestellt und weiterentwickelt (New Approach und Global Approach). Grundsätzlich gilt darüber hinaus das Prinzip der gegen seitigen Anerkennung, auch im Bereich der Dienstleistungen.

WTO-Übereinkommen erleichtert Warenverkehr

Um einen weltweit funktionierenden Warenverkehr zu gewährleisten, gibt es entsprechende Vereinbarungen zwischen den Wirtschaftsräumen wie der EU, den USA, Japan und Kanada auf Basis des WTO-Übereinkommens über Technische Handelshemmnisse (TBT). Voraussetzung hierfür und für einen gut funktionierenden EU­Binnenmarkt ist die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen und Zertifikaten.

Ohne Konformitätsbewertung sind Produkte nicht handelbar

Bei der Konformitätsbewertung handelt es sich um Maßnahmen, mit denen Hersteller, deren Kunden, Regulierungsbehörden und unabhängige Drittstellen die Konformität mit Normen feststellen. Die internationale Norm EN ISO/IEC 17000:2005 beschreibt dies als „Darlegung, dass festgelegte Anforderungen bezogen auf ein Produkt, einen Prozess, ein System, eine Person oder eine Stelle erfüllt sind.“ Dabei müssen die entsprechenden Eigenschaften ausgewählt, ermittelt, bewertet und letztlich bestätigt werden. Konformitätsbewertung und Normung sind unterschiedliche Aktivitäten, die aber doch sehr eng miteinander verbunden sind. Unmissverständliche Standards sind Grundlage der Konformitätsbewertung von Produkten, Prozessen und Dienstleistungen. Der Wert der Normen wird jedoch mit der Konformitätsbewertung gesteigert, denn dann steigt das Vertrauen von Käufern, Nutzern oder Behörden, da das Produkt auch tatsächlich dem Standard entspricht. Für einen freien Warenverkehr ist für Behörden und Marktteilnehmer die Gewissheit zwingend notwendig, dass die Produkte und Dienstleistungen den Anforderungen entsprechen. Die Konformitätsbewertung findet sowohl auf rechtlich geregelter als auch ungeregelter Basis statt.

Autoren der Konformitätsaussagen sind unterschiedlich unabhängig

Die Glaubwürdigkeit des Autors einer Konformitätsaussage ist für den funktionierenden Verkehr von Waren und Dienstleistungen erheblich. Die Fachwelt unterscheidet hierbei verschiedene Typen von Autoren:

  1. Konformitätsbewertung durch eine erste Seite: Tätigkeit, durchgeführt von der Person oder von der Organisation, die den Gegenstand der Konformitätsbewertung anbietet, z. B. eigene Auditoren.
  2. Konformitätsbewertung durch eine zweite Seite: Tätigkeit, durchgeführt von einer Person oder einer Organisation, die gegenüber dem Gegenstand der Konformitätsbewertung ein Interesse als Anwender hat, z.B. Kunden.
  3. Konformitätsbewertung durch eine dritte unabhängige Seite: Tätigkeit, durchgeführt von einer Person oder einer Stelle, die von der Person oder der Organisation, die den Gegenstand der Konformitätsbewertung anbietet und von Interessen als Anwender dieses Gegenstandes un­abhängig ist, z. B. ein Labor oder eine Zertifizierungsstelle.

Unabhängigkeit steigert Akzeptanz

In der Regel gilt dabei, je größer der Grad der Unabhängigkeit des Autors und seiner Aussage ist, desto höher ist auch die Akzeptanz im weltweiten Handel und der damit verbundene Marktwert des Gegenstands. Es stellt sich jedoch die Frage, ob mit der Aussage ein tatsächlicher Nachweis durch eine unabhängige Drittstelle verbunden ist oder es sich um eine einfache Erklärung eines Herstellers oder Dienstleistungserbringers gegenüber anderen Wirtschaftsbeteiligten handelt. Produkte werden häufig aufgrund von Markterfordernissen einer unabhängigen Drittstelle zur Konformitätsbewertung vorgelegt, weil Einkäufer oder die Endkunden ein Zertifikat einer unabhängigen Drittstelle nachfragen. Zeichen wie das Logo der TÜV oder das gesetzlich geregelte, aber freiwillige GS­-Zeichen, die beide für eine unabhängige Drittprüfung stehen, sind in diesen Fällen auf dem Produkt angebracht. Sie schaffen ein zusätzliches Vertrauen in die Konformitätsaussage.

Gleiche Regeln für alle Konformitätsbewertungsstellen

Notwendige Bedingung für das Vertrauen in die Konformitätsbewertung ist der Sachverstand, über den die Konformitätsbewertungsstellen verfügen müssen. Entsprechende Regeln sind in der Normenreihe 17000 von ISO und IEC zu finden. Dabei handelt es sich um Anforderungsnormen, die den Stand der Technik bezüglich der Organisation und der Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen beschreiben. Dazu zählen Akkreditierungsstellen, Zertifizierungsstellen für Produkte, Managementsysteme und Personen, Inspektionsstellen sowie Prüflaboratorien.

Anforderungen müssen kontinuierlich erfüllt sein

Die Normenreihe DIN EN ISO/IEC 17000 dient einer Vereinheitlichung der Konformitätsbewertung und trägt damit hauptsächlich zur Vergleichbarkeit und Anerkennung von Konformitätsbewertungsergebnissen bei. Letztlich wird dabei das Ziel „einmal geprüft/zertifiziert und weltweit anerkannt“ verfolgt – auch, um Doppel­ und Mehrfachprüfungen zu vermeiden. Ganz wichtig ist, dass diese Anforderungen auch kontinuierlich erfüllt sind. Durch Begutachtung und Überwachung der Konformitätsbewertungsstellen soll die Akkreditierung als oberste verbindliche Kontrollebene der Konformitätsbewertungskette hierbei das nötige Kompetenzniveau sicherstellen.

Transparentes System der Beurteilung

Die Akkreditierungsurkunden und die Bewertungsergebnisse sind notwendige Voraussetzungen für die EU­-weite und internationale Anerkennung. Die Akkreditierungsstellen müssen sich hierfür einem strengen und transparenten System zur Beurteilung unter Gleichrangigen (Peer­-Evaluation) unterwerfen und regelmäßig eine derartige Beurteilung durchlaufen. EA (European co­operation for Accreditation), ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) und IAF (International Accreditation Forum) Organisieren dieses Peer­-Evaluation­-System.

Normen sind Wettbewerbsfaktoren

Die Sicherheit und die Qualität europäischer Produkte sind neben der Wirtschaftlichkeit ihrer Herstellung der Schlüssel für die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Eine moderne, effiziente und erfolgreiche Normung ist dabei entscheidend, betonte der ehemalige EU­-Industriekommissar Günter Verheugen. Normung kann einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft leisten. Verheugen sieht beim Kampf um Marktanteile auch einen zunehmenden Kampf darum, welche Normen gelten sollen. Das Gleiche gilt auch für die Konformitätsbewertung. Deshalb engagieren sich der Verband der TÜV und seine Mitglieder mit erheblichem personellen und finanziellen Einsatz für ein hohes Niveau technischer Regeln. Die jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich wird sowohl auf nationaler als auch auf europäischer und internationaler Ebene eingebracht, wobei der weltweit gute Ruf der TÜV stets große Beachtung erfährt.