"Nachhaltige Lieferketten – umweltschonend, sozial gerecht, wirtschaftlich erfolgreich"

Wo stehen Unternehmen in Deutschland, wenn es um die Einhaltung von Umwelt- und Klimaschutzstandards sowie die Rechte der von den Unternehmensaktivitäten betroffenen Menschen in ihren Lieferketten geht? In welchen Bereichen drohen Probleme, wenn in Deutschland 2023 das Lieferkettengesetz in Kraft tritt? In der aktuellen Unternehmensbefragung "Nachhaltige Lieferketten – umweltschonend, sozial gerecht, wirtschaftlich erfolgreich" sucht der TÜV-Verband nach Antworten.

© Jacques Dillies via Unsplash

Die aktuelle Studie des TÜV-Verbands zeigt, dass eine Mehrheit der Unternehmen gesetzliche Vorgaben für nachhaltige Lieferketten befürwortet. Nahezu allen Befragten sind hohe soziale Standards und der Schutz von Umwelt und Klima wichtig. In der Praxis scheitert es aber häufig an der Umsetzung. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist es aufgrund mangelnder personeller und finanzieller Ressourcen schwierig, die Verzweigungen in den Lieferketten zu überblicken und hohe Umwelt- und Sozialstandards durchzusetzen. Aus Sicht der Unternehmen können gesetzliche Regelungen helfen, indem sie einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen, die Basis für allgemeingültige Standards legen und zu mehr Rechtssicherheit führen.

Die Wirtschaft profitiert auf vielfältige Weise von nachhaltigen Lieferketten. Sozial und umweltbewusst agierende Unternehmen sind widerstandsfähiger, genießen eine hohe Reputation und sind beliebte Arbeitgeber. Darüber hinaus sind sie besser auf die Klimakrise und die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen für die Transformation in eine CO₂-neutrale Wirtschaft vorbereitet. Nicht zuletzt fordern immer mehr Investoren, Politiker:innen und Verbraucher:innen, dass die Wirtschaft mehr Verantwortung für die Einhaltung hoher sozialer Standards sowie für den Umwelt- und Klimaschutz übernimmt. 

Die als direkte Folge der Corona-Pandemie auftretenden Engpässe bei bestimmten Produkten, Vorprodukten oder Rohstoffen zeigen, wie fragil die globalen Lieferketten sind. Die Krise bietet aber auch die Chance, Veränderungen anzugehen. Richten Unternehmen ihre Lieferketten neu aus, sollte Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle spielen – neben wirtschaftlichen Faktoren wie Versorgungssicherheit, Diversifizierung oder Risikomirimierung.

In Deutschland wird im Jahr 2023 das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten in Kraft treten. Gleichzeitig arbeitet die EU-Kommission an einer europäischen Regelung. Für den Erfolg und die Glaubwürdigkeit der aktuellen Gesetzesinitiativen ist entscheidend, wie die Regelungen praktisch umgesetzt und ihre Einhaltung überprüft werden können. Zertifizierungen von Lieferanten sind aus Sicht der befragten Unternehmen ein wichtiges Mittel, um die Einhaltung von Umwelt- oder Sozialstandards sicherzustellen. Unabhängige Prüfungen können das notwendige Vertrauen in die Aussagen der einzelnen Glieder der Lieferkette schaffen. Das hilft den Unternehmen, schafft Transparenz für Verbraucher:innen und trägt dazu bei, die soziale und ökologische Situation für Mensch und Umwelt weltweit zu verbessern.

Ergebnisse der Studie

Überblick über die Ergebnisse der Lieferkettenstudie

Politische Empfehlungen

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist ein erster wichtiger Schritt. Unternehmerische Sorgfaltspflichten sollten aber nicht nur für deutsche Unternehmen gelten. Entsprechende gesetzliche Vorgaben müssen den größtmöglichen Geltungsbereich haben. Somit ist es notwendig und richtig, ein funktionierendes Sorgfaltspflichtengesetz auf europäischer Ebene zu schaffen. Die neue Bundesregierung sollte sich daher aktiv in den Gesetzgebungsprozess in der EU einbringen. Der TÜV-Verband hat folgende Anforderungen an das europäische Lieferkettengesetz und Empfehlungen für seine Umsetzung in der Praxis formuliert:

  • Mindestanforderungen für alle Unternehmen festlegen
  • Drittprüfungen vorsehen, insbesondere in Sektoren mit hohem Risiko
  • Bestehende Standards und Zertifizierungen einbinden
  • Lieferkettenregister als ergänzendes Instrument einführen
  • Unternehmen Orientierung geben und bei der Umsetzung unterstützen

Zum Download

Studienbericht "Nachhaltige Lieferketten – umweltschonend, sozial gerecht, wirtschaftlich erfolgreich"

Die Methodik: Im Auftrag des TÜV-Verband e. V. hat  die forsa Politik- und Sozialforschung GmbH in Deutschland unter 500 Unternehmen ab 25 Mitarbeitenden Größe in ausgewählten Branchen  eine Befragung zum Thema „Nachhaltige Lieferketten“ durchgeführt. Die Auswahl der Befragten fand nach einem systematischen Zufallsprinzip statt, 39 Prozent der Befragten waren Mitglieder der Geschäftsleitung, 53 Prozent Abteilungs- bzw. Bereichsverantwortliche und 8 Prozent Einkäufer:innen.