Berlin, 24. April 2025 – Zu den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission für mehr Sicherheit im Straßenverkehr, weniger Luftverschmutzung und Fahrzeugdaten sagt Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband:
„Der TÜV-Verband begrüßt die Vorschläge der EU-Kommission für die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit in Europa. Die Reform adressiert zentrale Herausforderungen im Bereich der Verkehrssicherheit und der Erreichung der Vision Zero, indem sie die Prüfpflichten modernisiert und den Fokus stärker auf sicherheits- und emissionsrelevante Defizite lenkt. Eine Aktualisierung der Prüfvorgaben für Elektrofahrzeuge und Assistenzsysteme ist längst überfällig. Die neuen Regelungen sehen vor, dass künftig auch Hochvolt-Komponenten von Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie elektronische Sicherheitsfunktionen wie Fahrerassistenzsysteme (ADAS) systematisch in die Hauptuntersuchung einbezogen werden. Damit wird sichergestellt, dass die sicherheitsrelevanten Systeme auch über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs hinweg zuverlässig funktionieren. Diese Erweiterung ist notwendig, da der derzeitige Prüfumfang nicht mit dem technologischen Fortschritt Schritt gehalten hat.“
„Besonders begrüßenswert ist der geplante EU-weite digitale Datenaustausch über die MOVE-Hub-Plattform. Der TÜV-Verband unterstützt das Ziel der EU-Kommission, die Fahrzeug- und Prüfdaten europaweit besser zu vernetzen und die Nachverfolgbarkeit von Fahrzeughistorien sowie die Bekämpfung von Tachomanipulation zu ermöglichen. Diese digitale Vernetzung stärkt nicht nur die Sicherheit auf unseren Straßen, sondern senkt auch Bürokratiekosten und erleichtert die Umschreibung von Fahrzeugen beim Wechsel in ein anderes EU-Land erheblich.“
„Der TÜV-Verband begrüßt ausdrücklich, dass die EU-Kommission in ihrer Reform vorsieht, den Zugang zu sicherheits- und emissionsrelevanten Fahrzeugdaten zu standardisieren und gesetzlich zu verankern. Hersteller sollen verpflichtet werden, alle notwendigen technischen Informationen – inklusive Softwareversionen, Diagnosecodes, Zugang zur elektronischen Schnittstelle des Fahrzeugs und relevante Warnanzeigen – kostenfrei, diskriminierungsfrei und maschinenlesbar bereitzustellen. Nur so können Prüfstellen ihrer Aufgabe nachkommen, auch moderne Fahrzeuge mit komplexer Elektronik und digitalen Assistenzsystemen vollumfänglich zu überprüfen. Das schafft Rechtssicherheit, fördert die Gleichbehandlung aller Marktakteure und schützt letztlich auch Verbraucherinnen und Verbraucher – zum Beispiel bei der Entdeckung manipulierter Software oder bei nicht funktionierenden Sicherheitssystemen.“
„Der TÜV-Verband unterstützt die Überlegungen der EU-Kommission, die Prüffristen für ältere Fahrzeuge anzupassen. Eine jährliche Hauptuntersuchung von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen, die älter als zehn Jahre sind, trägt zur Sicherheit im Straßenverkehr bei. Das Durchschnittsalter des Pkw-Bestands in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich und liegt aktuell bei 10,3 Jahren. Die alternde Fahrzeugflotte spricht einerseits für eine höhere Langlebigkeit der Fahrzeuge, auf der anderen Seite stellt sie eine Herausforderung für die Verkehrssicherheit dar. Die Mängelquoten bei der Hauptuntersuchung (HU) steigen mit dem Alter der Fahrzeuge erheblich an. In der Altersgruppe der zehn bis elf Jahre alten Fahrzeuge fällt bei der HU fast jedes vierte Fahrzeug (23 Prozent) mit erheblichen oder gefährlichen Mängeln durch. Insbesondere die Halter älterer Autos sind gefordert, regelmäßig in die Wartung und Pflege ihrer Fahrzeuge zu investieren.“
Derzeit erfolgt die erste Hauptuntersuchung in Deutschland bei privaten Pkw drei Jahre nach der Erstzulassung und anschließend alle zwei Jahre. Die technische Sicherheit von Mietwagen, Taxis, Carsharing-Autos, Krankenwagen und anderen Fahrzeugen für die Personenbeförderung wird in der Regel jährlich überprüft.
„Ein weiterer Meilenstein der Reform ist die Erweiterung der Abgasprüfungen: Neben klassischen Labortests werden künftig Partikelanzahlmessungen und NOₓ-Kontrollen im realen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions) verpflichtend in die Hauptuntersuchung integriert. Damit wird sichergestellt, dass Fahrzeuge nicht nur auf dem Rollenprüfstand, sondern auch auf der Straße sauber bleiben. Durch die verbindliche Nutzung von On-Board-Diagnose-Daten (OBD) und gezielte Remote-Sensing-Kontrollen lassen sich Manipulationen und technische Defekte frühzeitig erkennen.“
Die Vorschläge der EU-Kommission sind der Auftakt zu einem EU-Gesetzgebungsverfahren, bei dem das EU-Parlament und die Mitgliedsländer eingebunden werden. Dafür müssen drei Richtlinien überarbeitet werden: Richtlinien über die regelmäßige technische Kontrolle von Fahrzeugen (PTI), die Zulassungsdokumente für Fahrzeuge und die Unterwegskontrolle (RSI).