22. April 2021 – Knapp zwei von drei Erwerbstätigen (65 Prozent) in Deutschland haben bereits arbeitsmedizinische Leistungen ihres Arbeitsgebers in Anspruch genommen. Das hat eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 585 Erwerbstätigen ergeben. Mit einem Anteil von 41 Prozent ist der Sehtest das am häufigsten von den Beschäftigten genutzte betriebsärztliche Angebot. An zweiter Stelle stehen Impfungen: Gut jede:r dritte Erwerbstätige (34 Prozent) hat von einem Betriebsarzt oder einer Betriebsärztin eine Impfung erhalten, zum Beispiel gegen die Grippe. 30 Prozent haben eine Beratung für die ergonomische Einrichtung ihres Arbeitsplatzes in Anspruch genommen und 14 Prozent haben Unterstützung bei der Wiedereingliederung nach langer Krankheit erhalten. Und 6 Prozent haben sich reisemedizinisch beraten lassen, zum Beispiel bei Dienstreisen in Regionen mit spezifischen Gesundheitsrisiken. „In der Corona-Pandemie zeigen sich die Stärken des Systems der arbeitsmedizinischen Versorgung durch Betriebsärzte“, sagt Dr. Dirk Stenkamp, Präsident des TÜV-Verbands. „Die Arbeitsmediziner:innen überwachen die Maßnahmen für den Covid-19-Infektionsschutz in den Betrieben, bieten Corona-Schnelltests an oder unterstützen die Beschäftigten bei arbeitspsychologischen Problemen, aktuell beispielsweise bei Überforderung oder Isolation im Homeoffice.“ Eine entscheidende Rolle könnten die Betriebsärzte für die Corona-Impfkampagne spielen. Stenkamp: „Die Einbindung der Betriebsärzte in die Impfkampagne ist längst überfällig. Der Impfstoff muss schneller in die Fläche gebracht werden, um die Immunisierung der Bevölkerung voranzutreiben.“ Mit bundesweit rund 12.000 Betriebsärzt:innen stehe eine etablierte Infrastruktur für Covid-19-Impfungen bereit. Bisher plant das Bundesgesundheitsministerium, die Arbeitsmediziner:innen erst im Laufe des Junis in die Impfkampagne einzubeziehen.
Die arbeitsmedizinischen Dienste der TÜV-Unternehmen betreuen mit ihren Betriebsärzt:innen, Gesundheits- und Hygieneexpert:innen etwa 21.000 Organisationen mit rund 1,9 Millionen Beschäftigten. Während größere Arbeitgeber in der Regel eigene medizinische Einrichtungen betreiben, arbeiten kleine und mittelständische Unternehmen mit Dienstleistern wie MEDITÜV, AMD TÜV oder den Berufsgenossenschaften zusammen. Diese betreiben arbeitsmedizinische Zentren, sind aber auch in den Betrieben vor Ort tätig und könnten mit mobilen Teams Beschäftigte gegen Corona impfen. „Bei der Einbindung der Betriebsärzte in die Impfkampagne sollten nicht nur die großen Konzerne berücksichtigt werden“, betonte Stenkamp. „Kleine und mittelständische Unternehmen können unkompliziert und dezentral über die überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienste mit Impfungen versorgt werden.“ Laut der Umfrage würden es 84 Prozent der Erwerbstätigen begrüßen, wenn Unternehmen und andere Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden eine Corona-Impfung anbieten würden.
In Deutschland müssen alle Betriebe bzw. Arbeitgeber eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt bestellen. Betriebs:ärztinnen verfügen über eine spezielle Ausbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizin oder eine entsprechende Zusatzqualifikation. Die Mediziner:innen kümmern sich neben der branchenspezifischen Arbeitssicherheit auch um die Gesundheitsprävention der Mitarbeitenden. Laut den Ergebnissen der Umfrage haben 21 Prozent der Erwerbstätigen sonstige arbeitsmedizinische Angebote in Anspruch genommen. Dazu gehören unter anderem Vorsorgeuntersuchungen, arbeitspsychologische Beratungen oder betriebs- bzw. branchenspezifische Einweisungen für den Arbeitsschutz. Die Umfrage zeigt aber auch, dass 35 Prozent der Erwerbstätigen noch keine arbeitsmedizinische Leistung in Anspruch genommen haben. „Gerade kleinere Unternehmen verzichten trotz der gesetzlichen Pflicht auf eine betriebsärztliche Betreuung“, sagte Stenkamp. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Gesundheitsvorsorge und Infektionsschutz am Arbeitsplatz ist. Stenkamp: „Arbeitgeber sollten ihre arbeitsmedizinischen Leistungen ausbauen und Beschäftigte animieren, die Angebote möglichst regelmäßig in Anspruch zu nehmen.“
Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.212 Personen ab 18 Jahren, darunter 585 Erwerbstätige. Die Befragung hat vom 26.2. bis 1.3.2021 stattgefunden. Die Frage lautete: „Welche der folgenden arbeitsmedizinischen Angebote haben Sie bereits bei Ihrem derzeitigen Arbeitgeber in Anspruch genommen?“