Berlin, 11. Oktober 2022 – Die technische Sicherheit von Reise- und Nahverkehrsbussen hat sich in den vergangenen zwei Corona-Jahren verbessert: 11,7 Prozent der Busse sind in diesem Zeitraum mit „erheblichen“ oder „gefährlichen Mängeln“ durch die Hauptuntersuchung (HU) gefallen und mussten erneut beim TÜV vorgeführt werden. Bei weiteren 9,6 Prozent haben die Sachverständigen „geringe Mängel“ festgestellt, die von Haltern eigenverantwortlich beseitigt werden müssen. 78,6 Prozent der geprüften Busse waren mängelfrei. Das hat der „TÜV Report Omnibus 2022“ ergeben, in dem die Ergebnisse von rund 50.000 Hauptuntersuchungen in den Jahren 2020/2021 eingegangen sind. Zum Vergleich: In den zwei Jahren zuvor sind noch 15,2 Prozent der Busse mit erheblichen Mängeln beanstandet worden. Weitere 9,4 Prozent hatten geringe Mängel. 75,4 Prozent waren 2018/2019 ohne Mängel. „Dank regelmäßiger Wartung und kurzen Prüfintervallen sind Busse technisch sehr sichere Verkehrsmittel“, sagte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband, bei der Vorstellung des Bus-Reports. „Während der Corona-Pandemie sind im Fern- und Linienverkehr deutlich weniger Busse unterwegs gewesen und viele Fahrzeuge wurden zeitweise oder dauerhaft abgemeldet.“ So ist der Bestand an Omnibussen nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) im Laufe des Jahres 2020 um rund 5.800 auf 75.548 gesunken. „Geringere Fahrleistungen und die Stilllegung vor allem älterer Reisebusse führten zu niedrigeren Mängelquoten bei der HU“, sagte Goebelt. Hinzu kommen langfristige technische Trends. Goebelt: „Die Mängelquoten sinken seit einigen Jahren in nahezu allen Mängelklassen.“ Vor allem die Beleuchtung schneidet besser ab, da zunehmend langlebige LED-Leuchten verwendet werden. Aber auch beim Fahrwerk, den Bremsen und beim Rost zeigen sich Verbesserungen.
Laut den Ergebnissen des TÜV Bus-Reports 2022 ist Ölverlust am Motor oder Antrieb der am häufigsten auftretende Mangel. Bei 4,3 Prozent aller untersuchten Busse haben die Sachverständigen entsprechende Undichtigkeiten festgestellt. „Ölverluste sind schädlich für die Umwelt und gefährden die Bus-Insassen, weil sich Schmiermittel vor allem im Fall eines Unfalls leicht entzünden können“, sagte Goebelt. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Beleuchtung. Im Durchschnitt wird bei 3,4 Prozent aller Fahrzeuge die Beleuchtung hinten beanstandet und bei 2,0 Prozent das Abblendlicht. Mit zunehmenden Alter der Fahrzeuge steigen die Mängelquoten. Insgesamt fallen 13,7 Prozent der 10 Jahre alten Busse mit „erheblichen Mängeln“ durch die HU, 16,5 Prozent der 15-Jährigen und 22,4 Prozent der 20-Jährigen. „Neben Ölverlusten und Beleuchtungsmängeln treten bei älteren Bussen verstärkt Probleme mit den Bremsen auf“, sagte Goebelt. In Deutschland sind Busse laut KBA aktuell 8,3 Jahre alt. Anders als bei Pkw sinkt das Durchschnittsalter der Busflotte: seit 2016 immerhin um ein gutes halbes Jahr (minus 0,6 Jahre).
Kraftomnibusse mit acht oder mehr Sitzplätzen für die Personenbeförderung müssen einmal pro Jahr zur Hauptuntersuchung. Nach einem halben Jahr folgt eine Sicherheitsprüfung. Drei Jahre nach der Erstzulassung des Fahrzeugs findet die Sicherheitsprüfung sogar alle drei Monate statt, sofern nicht die jährliche HU ansteht. Busse gelten als sehr sicheres Verkehrsmittel. In der Folge der Corona-Pandemie ist die Zahl der Bus-Unfälle mit Personenschaden zurückgegangen. Nach 5.917 Unfällen mit 9.570 Verunglückten im Jahr 2019 sank die Zahl der Bus-Unfälle im Corona-Jahr 2020 auf 4.490 (minus 24 Prozent) mit 6.573 verunglückten Personen (minus 31 Prozent). Im Jahr 2021 gab es mit 4.675 Bus-Unfällen (plus 4 Prozent) und 6.987 Verunglückten (plus 6 Prozent) nur einen leichten Anstieg.
Assistenzsysteme in die Hauptuntersuchung integrieren
Moderne Busse für die Personenbeförderung sind heute mit zahlreichen Assistenzsystemen ausgestattet. Verpflichtend ist der Einbau seit Juli 2022 in neuen Fahrzeugtypen unter anderem von Abbiegeassistent, Rückfahrassistent, Müdigkeitswarner, einer Vorrichtung für den Einbau eines Alkohol-Interlock-Systems und der Reifendrucküberwachung. Bereits für alle Neuwagen sind Spurhalteassistenten und Notbremsassistenten Pflicht. „Assistenzsysteme sind für die Sicherheit der Bus-Insassen essentiell, aber bisher nicht Bestandteil der Hauptuntersuchung“, sagte Goebelt. „Die Funktionsfähigkeit von Assistenzsystemen kann nur mit einer regelmäßigen elektronischen, digitalen und physischen Zustandsprüfung zuverlässig ermittelt werden. Für diesen Zweck ist ein unabhängiger Zugang zu entsprechenden Fahrzeugdaten unerlässlich.“ Dafür müsse die Politik die rechtlichen Voraussetzungen schaffen und entsprechende Untersuchungspunkte in die „HU-Richtlinie“ aufnehmen. Darüber hinaus müssten die Fahrer:innen der Busse im Umgang mit Assistenzsystemen geschult werden. Goebelt: „Der Umgang mit Assistenzsystemen ist inzwischen fester Bestandteil der Fahrausbildung und Fahrprüfung. Jetzt sollten auch erfahrene Fahrerinnen und Fahrer nachgeschult werden.“
Methodik-Hinweis: Für den TÜV-Report Omnibus 2022 wurden rund 50.000 Hauptuntersuchungen von Reise- und Nahverkehrsbussen ausgewertet, die in den Jahren 2020 und 2021 durchgeführt wurden. Grundlage ist der amtliche Prüfkatalog für die HU, in dem vom Gesetzgeber rund 150 einzelne Prüfpunkte vorgeschrieben sind.