21. Februar 2019 – Die technischen Prüforganisationen haben einen Fünf-Punkte-Plan für die Prüfung und Überwachung digitaler Funktionen von Fahrzeugen vorgelegt. Die gemeinsame Position haben die im TÜV-Verband vertretenen TÜV-Organisationen sowie die DEKRA, die GTÜ, die KÜS und die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH entwickelt. Kern des Konzepts ist der Aufbau einer herstellerunabhängigen Plattform für Fahrzeugdaten, die von einer neutralen Stelle betrieben werden sollte. Dieses hochgradig geschützte „TrustCenter“ würde den Prüfern einen direkten Zugang zu den sicherheits- und umweltrelevanten Daten und Diagnosefunktionen in den Fahrzeugen ermöglichen. Die Fahrzeugnutzer würden dabei die volle Hoheit über die Übermittlung und Verwendung ihrer Daten behalten. „Wir brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur für zunehmend digitalisierte und vernetzte Fahrzeuge“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Bisher hinkt die Regulierung automatisierter Fahrfunktionen der technischen Entwicklung hinterher.“ Nur mit klaren gesetzlichen Vorgaben können die Prüforganisationen auch in Zukunft ihre hoheitlichen Aufgaben bei der Hauptuntersuchung erfüllen. Zudem ermöglicht das TrustCenter die technische Umsetzung eines Datenspeichers, der für das automatisierte Fahren ab Stufe drei für jedes Fahrzeug gesetzlich vorgeschrieben ist.
Hintergrund des TrustCenter-Konzepts ist der Trend zur Digitalisierung und Vernetzung moderner Fahrzeuge. Schon heute sind in vielen Modellen digitale Assistenzsysteme verbaut, die automatisiert Funktionen wie Abstand oder Spur halten, einparken oder Notbremsungen durchführen. Radar- und Ultraschallsensoren, Kameras oder Infrarotsysteme überwachen sowohl das Fahrzeug selbst als auch seine Umgebung. Die dabei anfallenden Daten werden im Fahrzeug gespeichert, zunehmend aber über eine Mobilfunkschnittstelle an die Server der Hersteller übertragen und dort gespeichert. „Fahrzeugdaten liefern wichtige Informationen über die Sicherheitsfunktionen und die Umwelteigenschaften eines Fahrzeugs“, sagte Bühler. „Die Prüforganisationen können im Zuge der Hauptuntersuchung anhand der Daten untersuchen, ob die Systeme einwandfrei funktionieren oder ob eine Reparatur notwendig ist.“
Folgende Forderungen haben die Prüforganisationen formuliert:
- IT-Sicherheit, Software-Integrität und Datenschutz müssen Bestandteil der periodischen Hauptuntersuchung werden. Dafür benötigen die Prüforganisationen einen eigenen Zugang zu den originären Daten und Diagnosefunktionen in den Fahrzeugen.
- Der Zugang zu sicherheits- und umweltrelevanten Daten sollte über ein TrustCenter erfolgen, das von einer beliehenen Stelle im staatlichen Auftrag betrieben wird. Es werden nur Daten gespeichert, die für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben erforderlich sind.
- Der freie Zugang zur Fahrzeugelektronik für die Prüforganisationen über die verfügbaren Schnittstellen (OBD-Schnittstelle im Fahrzeug, Mobilfunkschnittstelle u.a.) muss gesetzlich verankert werden.
- Die Fahrzeugnutzer haben beim TrustCenter-Konzept die vollständige Hoheit über die Übertragung und Verarbeitung ihrer Daten. Einzige Ausnahme: eine Datenübertragung ist gesetzlich vorgeschrieben.
- Mittel- bis langfristig muss die periodische Fahrzeugüberprüfung um eine kontinuierliche Diagnose ergänzt werden, da viele Funktionen auf Software-Basis regelmäßige Updates bekommen. Auch dafür sind neue gesetzliche Regelungen notwendig.
Die Notwendigkeit von Sicherheitsprüfungen für digitale Funktionen im Rahmen der Hauptuntersuchung sieht auch eine breite Mehrheit in der Bevölkerung: Zwei von drei Bundesbürgern (67 Prozent) sind der Meinung, dass automatisierte Funktionen in Fahrzeugen wie zum Beispiel Notbremsassistent, Abstandshalter, Stauassistent oder Einparkautomatik Bestandteil der Hauptuntersuchung sein sollten. 28 Prozent halten das für nicht erforderlich und 5 Prozent machen keine Angaben. Das hat eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.002 Personen ab 18 Jahren ergeben, die im Vorfeld des 7. Sachverständigentages durchgeführt wurde.