Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Nachhaltig und digital aus der Krise

Der TÜV-Verband legt ein neues Positionspapier zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft vor.

Zum Start der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands: "Die deutsche Ratspräsidentschaft steht ganz im Zeichen der Corona-Krise. Es gilt, die Auswirkungen der Pandemie zu bewältigen und gleichzeitig den Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen. Europa sollte die Pandemie als Chance für den europäischen Binnenmarkt begreifen und konsequent auf eine nachhaltige Wirtschaft auf Basis digitaler Technologien setzen. Dafür brauchen wir in der EU einen geeigneten Regulierungsrahmen, den die deutsche Ratspräsidentschaft mit Mut und Entschlossenheit vorantreiben sollte."

Aus Sicht des TÜV-Verbands sind unabhängige Überprüfungsmechanismen und klare Anforderungen für Nachhaltigkeit und Digitalisierung die Grundlage für künftiges Wachstum, verbessern die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU und leisten einen substantiellen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels. Bühler: „Die Zukunft Europas muss grün, digital und sicher sein, wenn wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen wollen.“

Gerade in der aktuellen Situation seien Sicherheit und Vertrauen von zentraler Bedeutung. „Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, die digitale Vernetzung nahezu aller Produkte und Lebensbereiche oder das automatisierte und emissionsfreie Fahren brauchen regulative Leitplanken“, sagte Bühler. Der TÜV-Verband hat sechs zentrale Handlungsempfehlungen:

Unabhängige Prüfungen für den Green Deal

Bei der Einführung von verbindlichen Nachhaltigkeitsgrundsätzen für Waren aller Art sollten klare Produktanforderungen formuliert und verlässliche Mechanismen für deren Durchsetzung etabliert werden. Zudem sollte die EU Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitslabels gesetzlich festlegen, um Greenwashing zu vermeiden und Verbraucher:innen eine bessere Orientierung zu geben.

Produktsicherheitsbegriff um digitale Sicherheit erweitern

Der seit Jahrzehnten gültige Produktsicherheitsbegriff ist veraltet und muss um Cybersecurity erweitert werden. Dafür ist es erforderlich, digitale Sicherheit in den einschlägigen europäischen Vorgaben zur Produktregulierung gesetzlich zu verankern.

Verbindliche Prüfungen für riskante Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz festlegen

Künstliche Intelligenz bedarf einer Regulierung, wenn die körperliche Unversehrtheit von Menschen oder ihre elementaren Grundrechte in Gefahr sind. Eine Prüfung von KI-Systemen sollte in Abhängigkeit vom Risiko erfolgen, das von den Anwendungen ausgeht.

Automatisierte Fahrzeuge auf Verkehrssicherheit überprüfen

Die Digitalisierung und Automatisierung von Fahrzeugen erfordert es, die Vorgaben für die technische Sicherheit auf eine neue Grundlage zu stellen. KI-Systeme in Fahrzeugen sollten im Rahmen der Typgenehmigung auf ihre Sicherheit und Funktionsfähigkeit überprüft und Softwarechecks im Rahmen der Hauptuntersuchung eingeführt werden. Zudem muss ein fairer und sicherer Zugang zu Fahrzeugdaten geschaffen werden. Der TÜV-Verband hat dazu ein TrustCenter-Konzept vorgelegt.

Europäisches Lieferkettengesetz auf den Weg bringen

Neben der Sicherheit und Umweltverträglichkeit von Produkten rückt zunehmend in den Fokus, unter welchen ökologischen und sozialen Bedingungen diese produziert wurden. Daher ist es notwendig, verpflichtende Anforderungen für Lieferketten zu etablieren. Unabhängige Prüfungen, ob sich Hersteller oder Händler an die Vorgaben halten, können hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Seine Handlungsempfehlungen zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft erläutert der TÜV-Verband in diesem Positionspapier näher.