Elektromobilität als Bestandteil einer modernen Fahrerlaubnisausbildung und -prüfung

Der TÜV-Verband bekennt sich klar zur Elektromobilität und bezieht Stellung zur aktuellen Berichterstattung über Elektroautos im Rahmen der Fahrerlaubnisausbildung.

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Zur aktuellen Berichterstattung zum Thema Elektromobilität und Fahrerlaubnisprüfung nimmt der TÜV-Verband wie folgt Stellung:

Die TÜV-Unternehmen sind Pioniere der Elektromobilität. Als weltweit führende Prüf- und Zertifizierungsdienstleister tragen sie wesentlich dazu bei, Vertrauen und Akzeptanz in die Technologie zu stärken. Die Elektromobilität ist zudem eine der wesentlichen Säulen des Wandels der Mobilität. Das sollte sich natürlich auch schon in der Fahrausbildung in der Fahrschule widerspiegeln: Wenn Fahranfänger schon in der Fahrschule lernen, wie sich ein Elektrofahrzeug fährt, wie zum Beispiel Beschleunigungs- und Bremsverhalten sind, dann animiert das auch, sich später ein solches Fahrzeug zu kaufen.

Fahrerlaubnisprüfung ist auch auf E-Autos möglich

Die Süddeutsche Zeitung nimmt in ihrem Artikel „TÜV und Dekra bremsen E-Autos aus“ vom 22.07.2019 Bezug auf Regeln zur Begutachtung von Personenkraftwagen und auf ihre Eignung als Fahrzeug im Rahmen der Fahrerlaubnisprüfung. Diese Regeln sind festgeschrieben in der sogenannten Prüfungsrichtlinie und im Anhang der Fahrerlaubnisverordnung. Hier sind für die Prüfungsfahrzeuge klare Anforderungen gestellt. Im Mittelpunkt steht nicht nur der Arbeitsschutz, sondern generell die Frage nach der Eignung des Fahrzeugs für eine Prüfung. Wir stellen klar, dass es für Elektrofahrzeuge keine anderen Zulassungskriterien als für alle anderen Fahrzeuge gibt. Die Antriebsform ist unerheblich. Eine Fahrerlaubnisprüfung kann grundsätzlich auch auf einem Elektrofahrzeug erfolgen. Beliebte Modelle wie der VW e-Golf oder der Nissan Leaf Zero haben eine positive Begutachtung erhalten. 

Sowohl die Fahrerlaubnisverordnung als auch die Prüfungsrichtlinie werden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erlassen. Die im Artikel formulierten Andeutungen, die Technischen Prüfstellen schrieben diese Regelungen nach ihrem Gusto fest, weisen wir entschieden zurück. Vorschläge zur Weiterentwicklung des Fahrerlaubniswesen werden im Erfahrungsaustausch mit den Fahrlehrerverbänden, den Technischen Prüfstellen, Bund, Ländern, der Polizei und weiteren Institutionen erarbeitet.

Gesundheit der Mitarbeiter im Fokus

Die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als amtlich anerkannte Sachverständige und Prüfer (aaSoP) jedes Jahr bundesweit rund 1,7 Millionen praktische Fahrerlaubnisprüfungen abnehmen, nehmen wir sehr ernst. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers – den Technischen Prüfstellen – für ihre Mitarbeiter, einen ausreichend angemessenen Arbeitsplatz zu stellen. Es befremdet uns, in welches Licht die aaSoP in dem Artikel gerückt werden, in dem auf ein möglichst bequemes Fahrzeug abgehoben wird. Für die Prüfer handelt es sich nicht um eine Freizeitfahrt, die sie nach eigenem Empfinden gestalten können. Fahrerlaubnisprüfer verbringen den Großteil ihres Arbeitstages im Fahrzeug – ihrem Arbeitsplatz. Gemäß arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen dürfen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden, die sicher sind und Belastungen auf die Gesundheit vermeiden. Dies gilt im Übrigen sowohl für Fahrlehrer als auch aaSoP, denn für beide ist das Prüfungsfahrzeug gleichzeitig Arbeitsplatz.

Europäische Beispiele sind heterogen

Auch der Blick in die EU-Nachbarländer greift zu kurz. Die jeweils gültigen Regeln sind kaum vergleichbar. Das liegt vor allem daran, dass das Prozedere völlig unterschiedlich ist: In manchen Ländern sitzt der Prüfer auf dem Beifahrersitz und der Fahrlehrer ist bei der Prüfung nicht anwesend. In wieder anderen Ländern hat die Prüfungsbehörde eigene Fahrzeuge und auch hier ist der Fahrlehrer bei der Prüfung gar nicht dabei. Arbeitsschutzrechtliche Anforderungen sind gemäß EU-Recht grundsätzlich immer zu beachten.

Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass die Technischen Prüfstellen gemäß Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG § 10 Abs. 2) keinen auf Gewinn abzielenden Geschäftsbetrieb führen dürfen. In der Technischen Prüfstelle dürfen nur solche Aufgaben wahrgenommen werden, die den Sachverständigen und Prüfern gesetzlich oder durch die zuständige Landesbehörde übertragen sind.

Unabhängige Prüfung gewährleistet Neutralität

Es gilt der Trennungsgrundsatz von Ausbildung und Prüfung. Um das professionelle Fahrerlaubnissystem in Deutschland werden wir in vielen Ländern beneidet. Wer eine Fahrerlaubnis erwerben möchte, muss von unabhängiger Stelle aus geprüft werden, das leistet einen hohen Beitrag zur allgemeinen Verkehrssicherheit. Die Technischen Prüfstellen werden außerdem durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) regelmäßig geprüft.  Damit wird eine kontinuierliche Weiterentwicklung und die Erfüllung der Qualitätsanforderungen sichergestellt.

Die Schaffung zukünftiger Anforderungen bezüglich der Fahrzeugausstattung, die sowohl die Belange der Fahrausbildung als auch die der Fahrerlaubnisprüfung (Fahrerassistenzsystem/Automatikfahrzeuge/Elektrofahrzeug) in Deutschland berücksichtigt, muss zum einen durch objektive Kriterien und zum anderen durch eine konstruktivere Diskussion begleitet werden, als dies die Süddeutsche Zeitung in ihrem Beitrag versuchte.