26. August 2021 – Starkregen, Gewitter und Dauerregen sorgen in diesem Jahr häufiger als sonst für gefährliche Bedingungen auf Deutschlands Straßen. „Auf nassen Fahrbahnen nimmt die Bodenhaftung ab, Bremswege werden länger und die Sicht ist beeinträchtigt“, sagt Frank Schneider, Experte für Fahrzeugtechnik beim TÜV-Verband. „Niederschläge erhöhen die Gefahr von Aquaplaning, auch Wasserglätte genannt.“ Doch wie genau kommt es zu Aquaplaning? „Wenn das Oberflächenwasser auf der Fahrbahn durch die Reifen nicht mehr ausreichend verdrängt werden kann, bildet sich zwischen den Reifen und der Straße eine Wasserschicht und die Fahrzeuge verlieren die Bodenhaftung“, erläutert Schneider. „Die Reifen drehen durch und das Fahrzeug reagiert nicht mehr auf Lenken, Bremsen oder Beschleunigen.“ Aquaplaning ist für viele Autofahrer:innen eine beängstigende Erfahrung und kann die Ursache für Unfälle bei nassem Wetter sein. Viel Oberflächenwasser, hohe Geschwindigkeit und schlechter Reifenzustand erhöhen das Aquaplaning-Risiko erheblich. Autofahrer:innen sollten daher auf einen guten Reifenzustand achten und bei nassem Wetter besonnen fahren. Der TÜV-Verband erklärt, wie sie sich Fahrer:innen bei Wasserglätte verhalten sollten.
Aquaplaning erkennen
„Entgegen der landläufigen Vorstellung kann Aquaplaning nicht nur bei sintflutartigem Regen auftreten, sondern auch, wenn Schauer oder Gewitter bereits abgezogen sind“, sagt Schneider. Gefährlich werde es immer dann, wenn stehendes Wasser zu sehen ist. Verstärkt wird das Risiko durch Spurrillen oder andere Unebenheiten in der Straßendecke, da sich dann leichter tiefe Pfützen oder Wasserflächen bilden können. Etwa ab einer Wassertiefe von 2,5 mm kann es beim Überfahren zu Wasserglätte kommen. Aquaplaning erkennen Autofahrer:innen, wenn der Motor des Fahrzeugs plötzlich lauter oder die Lenkung leichter wird.
Besonnen auf Aquaplaning reagieren
Wenn ein Fahrzeug auf nasser Fahrbahn in Aquaplaning gerät, sollten Fahrer:innen hektische Fahrmanöver vermeiden und Ruhe bewahren.
- Fuß vom Gas und von der Bremse
Bei Aquaplaning sollten Fahrer:innen sofort den Fuß vom Gaspedal nehmen und die Kupplung durchtreten. Bremsen sollten Fahrer:innen vermeiden, denn das kann dazu führen, dass das Fahrzeug völlig außer Kontrolle gerät. - Nicht Lenken
Das Lenkrad gerade halten und keine abrupten Fahrmanöver vornehmen. Sobald die Reifen wieder Bodenhaftung haben und das Fahrzeug aus der Aquaplaning-Situation herausgefahren ist, können Fahrer:innen mit geringer Geschwindigkeit und vorsichtigen Lenkbewegungen weiterfahren. - Im Notfall Vollbremsung
Um einen schweren Unfall oder einen harten Zusammenstoß zu vermeiden, können Autofahrer:innen vollbremsen. Die Hinterreifen haben in vielen Fällen noch genug Bodenhaftung und das Fahrzeug kommt zum Stehen. Bei dichtem Verkehr sollte eine Vollbremsung eine Notlösung bleiben. - Durchatmen und beruhigen
Gefahrensituationen bedeuten Stress. Haben Autofahrer:innen die brenzlige Situation sicher überstanden, sollten sie beim nächsten Park- oder Rastplatz anhalten und sich einige Minuten Zeit nehmen, um sich von dem Erlebnis zu erholen.
Reaktion trainieren und Fahrverhalten anpassen
Das richtige Fahrverhalten bei Aquaplaning kann trainiert werden. Auf einem abgesperrten Gelände bieten zum Beispiel Automobilclubs oder die TÜV-Akademien Übungseinheiten an, um sich mit solchen Fahrsituationen vertraut zu machen und angemessen zu reagieren. Schneider: „Fahrsicherheitstrainings sind eine gute Gelegenheit, sein Fahrzeug in kritischen Situationen wie Aquaplaning kennen zu lernen und die Grenzen der Physik ohne Sorge vor einem Unfall zu erfahren.“
Aquaplaning kann bereits bei Geschwindigkeiten ab 50 km/h auftreten. Daher sollten Fahrer:innen auf Landstraßen und Autobahnen ihre Geschwindigkeit verringern, sobald es anfängt zu regnen. Auch plötzliches Beschleunigen, zum Beispiel beim Überholen, erhöht das Risiko von Aquaplaning. Einen Geschwindigkeitsregler sollten Autofahrer:innen bei starkem Regen oder auf nasser Fahrbahn nicht nutzen. Kommt es mit eingeschaltetem Tempomat zu Aquaplaning, benötigen die Fahrer:innen zusätzliche Zeit oder treten instinktiv auf die Bremse, um die Kontrolle über das Fahrzeug wiederzuerlangen. Fahrer:innen sollten außerdem auf Spurrillen achten und versetzt dazu fahren. Auf nassen Straßen verlängert sich der Bremsweg. Daher sollte der Sicherheitsabstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen erhöht werden.
Auf optimalen Reifenzustand achten
Die Reifen sind der einzige Teil des Fahrzeugs, der mit der Fahrbahn in Berührung kommt. Umso wichtiger ist es, dass die Reifen in gutem Zustand sind. „Reifen brauchen ein gutes Profil und zusätzliche Rillen, um das Wasser von der Unterseite des Reifens abzuleiten und den Kontakt zur Straße zu halten“, sagt Schneider. Die zunehmende Abnutzung des Reifenprofils verringert die Fähigkeit der Reifen, das Wasser auf der Straße effizient abzuleiten.
Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt zwar nur 1,6 mm. Um das Wasser optimal verdrängen zu können, sollten Reifen allerdings eine Profiltiefe von 4 mm aufweisen. Wer sichergehen will, dass das Reifenprofil ausreicht, macht den Münztest. Dabei wird eine 1-Euro-Münze in die großen Rillen in der Mitte des Reifenprofils gesteckt. Wenn der goldene Rand der Münze über das Profil des Autoreifens hinausragt, beträgt die Profiltiefe weniger als 4 mm. Reifen mit einer Profiltiefe von weniger als 1,6 mm sollten sofort ausgetauscht werden. Auch den Reifendruck sollten Autofahrer:innen regelmäßig überprüfen und korrigieren. Wenn der Reifendruck 30 Prozent unter dem empfohlenen Wert liegt, steigt das Aquaplaning-Risiko stark an.