Positionspapier zur Änderung des THC- Grenzwerts im Straßenverkehr

Die Ampelkoalition setzt mit der Cannabis–Legalisierung im Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften ein Vorhaben aus ihrem Koalitionsvertrag um. Im Zuge dessen wird eine Lockerung des amtlichen THC- Grenzwerts für den Straßenverkehr erwogen. Diese politische Entscheidung ist aus Sicht des TÜV-Verbands mit den Zielen der Vision Zero nicht vereinbar, sondern gefährdet die Verkehrssicherheit anderer Verkehrsteilnehmenden.

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Das Fahren unter Wirkung von Cannabis muss unabhängig von einer Legalisierung verboten bleiben. Wer Auto fährt, darf nicht kiffen - das gilt für Fahranfänger:innen und Berufskraftfahrer:innen in besonderem Maße. Warum mit der Legalisierung des Konsums und Besitzes von Cannabis eine Lockerung des amtlichen THC- Grenzwerts für den Straßenverkehr erfolgen soll, ist nicht nachvollziehbar. Der höhere Grenzwert verharmlost das Risiko von Cannabis am Steuer und erhöht das Risiko von Mischkonsum, also dem gleichzeitigen Konsum von Cannabis und Alkohol. Diese politische Entscheidung ist aus Sicht des TÜV-Verbands mit den Zielen der Vision Zero nicht vereinbar, sondern gefährdet die Verkehrssicherheit anderer Verkehrsteilnehmenden.

Bislang werden Unfallzahlen, die sich unter Cannabiskonsum ereignen, nicht gesondert ausgewiesen. Daher kann derzeit niemand sagen wie hoch die Unfallzahlen genau sind, die durch Cannabiskonsum am Steuer verursacht wurden. Dieses fehlende Wissen, darf jedoch nicht dazu missbraucht werden, dass Unfallrisiko durch Cannabiskonsum zu verharmlosen. Denn es ist wissenschaftlich belegt, dass Cannabiskonsum das Unfallrisiko erhöht. Nur darüber, wie hoch das Risiko ist, herrscht noch Uneinigkeit. Und solange es nicht geklärt ist, wie hoch das Risiko durch Cannabiskonsum ist, darf es keine Erhöhung des Grenzwerts im Sinne des §24a Abs.2 StVG geben.

Die Anlehnung der Cannabisregeln an die Promillegrenze für Alkohol ist nicht zu empfehlen. Denn während sich Alkohol gleichmäßig im Körper abbaut, verläuft der Abbau von Cannabis nicht linear und ist abhängig von der Wirkstoffkonzentration von Cannabis im Blut, welche nicht bekannt ist und stark variiert. Studien zeigen, dass ein Wert von 1 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) Tetrahydronannabinol (THC) im Blutserum auch nach Tagen auf einen regelmäßigen Konsum deutet. Bei Personen, die nur gelegentlich Cannabis konsumieren, ist ein THC-Wert von 1ng/ml Blutserum nach 24 Stunden nicht mehr nachweisbar, meist schon nach acht bis zehn Stunden. Regelmäßiger Drogenkonsum ist unvereinbar mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs – das ist geltendes europäisches Recht.

Konsumenten, die mit einem THC-Gehalt im Blut von 1 ng/ml auffällig wurden, weisen außerdem kein geringeres verkehrsrelevantes Risiko auf als Personen mit einem THC-Gehalt über 3,0 ng/ml, das haben Studien1 ergeben. Eine Absenkung des Grenzwerts von 1ng/ml auf 3,5ng/ml Blutserum ist daher nicht zielführend. Im Gegenteil, es führt dazu, dass auffällige Kraftfahrer:innen bei denen ein THC-Wert von bis zu 3,5 ng/ml Blutserum nachgewiesen wird, sich keiner Fahreignungsüberprüfung (MPU) mehr unterziehen müssten.

 

Unsere Empfehlungen

  1. Im Zweifel für die Verkehrssicherheit: Keine Festlegung eines politischen Grenzwerts
  2. Kein Sicherheitszuschlag für Verkehrsgefährder:innen
  3. Überprüfung des Trennungsvermögens beim Konsum von Cannabis bei erster Zuwiderhandlung
  4. Aufklärungsarbeit und Prävention verstärken
  5. Forschung intensivieren
  6. Unfallaufnahme und Unfallstatistik verbessern
  7. Ressourcen für die polizeiliche Verkehrssicherheitsarbeit erhöhen

 

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Kein Cannabis am Steuer

 


1 Wagner/ Perlich/ DeVol/ Uhlmann/ Bartels „Cannabis im Straßenverkehr und Fahreignung“ in Blutalkohol Vol 58/2001 S.312; Ewen-Wicker/ Ziegler/ Waschke/ „Cannabis in der Fahreignungsbegutachtung-Analyse von Fallakten bei einmaliger Auffälligkeit im Straßenverkehr“ in ZVS 2.2024, S.147-151;